Neue Freiflächen am Campus: Wettbewerb und Preisträger
Der Wettbewerb zur Gestaltung der Außenanlagen am Campus Schöfferstraße ist abgeschlossen: Die Jury hat die drei überzeugendsten Konzepte ausgewählt, von denen eines in den kommenden Jahren umgesetzt werden soll. Das Ziel ist eine bessere Aufenthaltsqualität für Studierende und Beschäftigte. „Wir entwickeln unseren zentralen Campus zu einem grünen Campus weiter“, sagt h_da-Kanzler Dr. Thomas Bartnitzki. „Mehr Bäume und grüne Inseln tragen zur Klimaanpassung bei. Gezielt gestalteter Grünraum mit mehr Sitz- und Aufenthaltsmöglichkeiten wird unseren Campus noch stärker zu einem Ort machen, an dem man sich gerne aufhält oder zusammen lernt.“
Der im Herbst 2023 ausgelobte Wettbewerb richtete sich an interdisziplinäre Arbeitsgemeinschaften von Landschaftsarchitekturbüros und Kunstschaffenden. Insgesamt reichten 15 Teams aus dem In- und Ausland ihre Entwürfe ein. Im nächsten Schritt wird nun mit den Preisträgern über Beauftragung und Umsetzung verhandelt. Voraussichtlicher Baubeginn ist 2028. Das Vorhaben wird aus HEUREKA-Mitteln des Landes Hessen finanziert. Im ersten Bauabschnitt werden zunächst circa 14.000 Quadratmeter der insgesamt rund 80.000 Quadratmeter Fläche umgestaltet und die integrierte Kunst-am-Bau-Maßnahme umgesetzt. Die Kostenschätzung hierfür liegt bei rund 5 Millionen Euro.
1. Preis: Atelier Loidl Landschaftsarchitekten (Berlin) und Künstler Martin Binder (Berlin)
Urteil der Preisgerichts-Jury
"Die Entwurfsidee entwickelt konsequent das orthogonale Raster der Bebauung in ein landschaftlich geprägtes Freiraumkonzept weiter. Mit einer weichen Modulation von Wegen und Topografie gelingt es, die städtebauliche Figur des Campus freiraumplanerisch zusammenzuführen. Dafür wird bei maximalem Erhalt des Baumbestandes ein Wegenetz entwickelt, das sinnfällige Verbindungen herstellt.
Ausgehend vom zentralen Campusplatz südlich des Hochhauses, der im zweiten Bauabschnitt entstehen wird und bei dem der bestehende Baumhain erhalten wird, entsteht eine grüne Mitte zwischen Mensa, Hochhaus und Atriumgebäude, die hinsichtlich der Anbindung des Zugangs zum Atriumgebäude sich auch noch weiter öffnen und diesbezüglich überarbeitet werden sollte. Das Konzept erscheint diesbezüglich anpassungsfähig zu sein, sodass auch die Anforderungen des vorbeugenden Brandschutzes in Bezug auf die Flächen für die Feuerwehr mit geringen Änderungen erfüllt werden können.
Die wichtige Wegeanbindung nach Norden zum ÖPNV ist angemessen ausgeprägt und wird durch die Aufwertung des vorhandenen Laubengangs zum „Lesesalon“ zusätzlich gestärkt. Das vorhandene Wasserbecken erhält als Verdunstungsbeet eine neue Funktion. Aus denkmalpflegerischer Sicht wird die Freistellung des Beckens positiv, die neue Funktion allerdings kritisch bewertet und sollte ebenso wie die Möblierung des Laubengangs hinsichtlich ihrer Dimensionierung und Anordnung im Detail überprüft werden.
Die südliche Wiesenfläche kann als Lichtung multifunktional bespielt und genutzt werden. Die Außensitzplätze an der Mensa wurden kritisch diskutiert und sollten durch Angebote nördlich des Gebäudes noch ergänzt werden. Auch der Studierendengarten ist eine sinnvolle Ergänzung des Freiraumangebotes ebenso wie das vorgeschlagene Fahrradparkhaus. Dezentrale Fahrradabstellmöglichkeiten ergänzen das Angebot.
Das Konzept lässt scheinbar einen barrierefreien Ausbau zu, bleibt aber in der Detaillierung offen, insbesondere im Bereich der Mensa ist eine weitere Konkretisierung erforderlich. Das Konzept beinhaltet ein ganzheitliches Bewegungskonzept, das neben einem Campussportbereich im Osten eine den gesamten Campus verbindende Laufrunde anbietet.
Die Verfasser treffen vielfältige Aussagen zu Artenvielfalt und klimaresiliente Bepflanzung und schaffen durch die Bepflanzung und bewegte Topografie kleinklimatisch unterschiedliche Habitate und erreichen dadurch eine hohe Vielfalt. Die Arbeit zeichnet durch sinnvolle Vorschläge zum Regenwassermanagement aus und eine BNB-Zertifizierung in Silber erscheint möglich.
Der Wettbewerbsbeitrag liegt bezogen auf den vorgegebenen Kostenrahmen in der vergleichenden Kostenbetrachtung ca. 3% über dem Wert der Vorgaben aus dem auf den aktuellen Kostenstand angepassten „Null“-Projekt. Die Kosten erscheinen jedoch nach der Vorprüfung nicht auskömmlich bemessen, insbesondere in Abhängigkeit der zu erwartenden Rückbau- und Entsorgungskosten, Ausstattungselemente, Beleuchtung, Tiefbaumaßnahmen und den dargestellten Retentionsmaßnahmen.
Die Arbeit zeichnet sich in besondere Weise ein integriertes Kunst- und Freiraumkonzept aus. Mit den mobilen Sitzmöbeln, die gleichzeitig ein sich stetig veränderndes Kunstwerk darstellen, lassen sich vielfältige Kommunikationsinseln schaffen, die das Thema Zusammenwachsen künstlerisch und räumlich umsetzen, wobei im Hochschulalltag aus Gründen der Sicherheit und des Diebstahlschutzes auch wechselnde feste Anordnungen sinnvoll erscheinen.
Die Arbeit stellt einen herausragenden Beitrag zur gestellten Aufgabe dar und sticht besonders durch ihren prozesshaften Ansatz und das besondere Verständnis von urbaner Stadtnatur und sozialer Aneignung heraus."
2. Preis: Klaus + Salzberger Landschaftsarchitekten (Eching in Niederbayern) und Künstler Studio Niemeyer (München)
Urteil der Preisgerichts-Jury
„Der Entwurf nimmt die orthogonale städtebauliche Struktur auf und übersetzt sie in ein gut proportioniertes entsprechendes Freiraumsystem. Leitidee ist die Schaffung eines Hochschulwaldes (Grüne Woge) mit Aktionsinseln und der Vernetzung des Stadtraums mit dem Hochschulcampus, von dem sowohl Studierende als auch Quartiersbewohnende profitieren soll.
Die Erschließung folgt dem orthogonalen Städtebau und wird im Allgemeinen als funktionsfähig eingeschätzt. Problematisch ist die fast vollständig rein vegetative Ausformung der zentralen Freifläche zwischen Architekturinstitut, C 10 und Mensa. Der Bedeutung dieses Bereichs als Verteiler- und Kommunikationsplatz wird die Fläche nicht gerecht. Auch die diagonale Wegeverbindung zur Nords-Süd-Achse vermag dieses Defizit nicht zu heilen. Die Dimensionierung des Außenbereichs der Mensa erscheint angemessen und gut nutzbar. Positiv bewertet wird zudem die Ausgestaltung der Schöfferstraße als verkehrsberuhigter Bereich mit Rad-und Fußweg und in Dimensionierung und Materialität angemessenen Aufenthaltsangeboten.
Ein Kernpunkt dieses Entwurfs ist der künstlerische Ansatz einer dezentralen Anordnung von amorphen Aktionsinseln in den verschiedenen Grünflächen, die auf die unterschiedliche Nutzungscodierung dieser Flächen flexibel reagieren können. Die Jury versteht diese Aktionsinseln nicht als fertig ausformulierte bauliche Strukturen, sondern als Angebotsräume sozialer Interaktion, die durch Studierende bespielt werden sollen. Dies ambitionierte Projekt sollte zumindest aber in der initiativen Startphase personell unterstützt werden, z.B. durch Patenschaften.
Hervorzuheben ist die denkmalgerechte Sanierung des Laubengangs und des Wasserbeckens. Problematisch erscheint die Neupflanzung von Bäumen in direkter Nähe des Wasserbeckens sowohl in konzeptueller als auch technischer Wasserbecken Hinsicht. Dagegen werden die Lage der Hauptwegeverbindung Nord mit Abstand zum Wasserbecken, der Erhalt des eigenständigen Charakters des Beckens und die geplante Sitzlandschaft südlich des Wasserbeckens angemessen wird positiv als Belebung beurteilt.
Barrierefreiheit: Die Erreichbarkeit der Aktionsflächen ist in Plänen und Textbeschreibung nicht dargestellt und müsste entsprechend entwickelt werden. Das Konzept enthält detaillierte Vorschläge zu Biodiversität, klimaangepasste Bepflanzung, Überpflanzung, Vielfalt von Arten, Pflanzqualitäten und Dichten sowohl animal aided design. Ebenfalls positiv bewertet wird die Einbeziehung des Cradle to cradle-Prinzips in die Planung, die Wiederverwendung von Baumaterialien. Verwendung von Beton-Recyclingmaterial im weiteren Bauprozess. Außerdem unterbreiten die Autoren ein differenziertes Konzept zum Umgang mit dem Regenwasser. Beim Thema Nachhaltigkeit scheint eine Zertifizierung Silber nach BNB gut erreichbar. Positiv beurteilt wird eine dezentrale Verteilung der Fahrradstellplätze.
Die Anforderungen für Flächen für die Feuerwehr (vorbeugender Brandschutz) können durch geringe Eingriffe umgesetzt werden.
Der Entwurf überzeugt durch die klare Gliederung der einzelnen Freiräume, vor allem aber durch die synergetische Zusammenarbeit zwischen Landschaftsarchitektur und Kunst."
3. Preis: Planorama GmbH Landschaftsarchitekten (Berlin) und Künstler Stefan Sous (Düsseldorf)
Urteil der Preisgerichts-Jury
"Der Beitrag zeigt eine klare Strukturierung der Campusflächen. Die Campusmitte ist gut positioniert, da sie die aktuelle Nutzungsform widerspiegelt und gleichzeitig neue Räume erschließt. Besonders positiv fällt auf, dass das denkmalgeschützte Wasserbecken gestalterisch aufgegriffen und in die Gesamtkonzeption des Freiraums integriert wird.
Kritisch zu betrachten sind jedoch die Bäume direkt am Wasserbecken, da sie die Sichtbarkeit des Beckens beeinträchtigen. Die vorgeschlagene Vegetation im Becken ist zudem nicht erläutert.
Die Formensprache des „O“, einer Kunstinstallation am Fachbereichsgebäude Chemie und Biologie, wird in die freiraumplanerische Geometrie einbezogen, was zur gestalterischen Einheitlichkeit beiträgt. Die zurückhaltend gestalteten Plattenwege zonieren die Grünflächen und schaffen unterschiedliche Bereiche mit klar definierten Nutzungsschwerpunkten wie extensiver Bepflanzung, Liegewiesen, Aufenthalts- und Sportflächen. Auch die Aufnahme eines taktilen Leitsystems wird positiv bewertet, da es die Barrierefreiheit stärkt.
Der künstlerische Beitrag „ÄON“ wirkt hingegen nicht harmonisch in die Freiraumgestaltung integriert und erscheint der Jury eher solitär. Die Idee, geologische Formationen mithilfe moderner 3D-Drucktechnologie umzusetzen, wird als innovativ wahrgenommen, doch trägt „ÄON“ weder zur Identitätsbildung der Hochschule bei noch steht es in einem historischen oder fachlichen Zusammenhang zur Institution.
In Bezug auf Biodiversität bleibt der Beitrag allgemein und bietet wenig detaillierte Ansätze. Es wäre wünschenswert gewesen, Flächen für Artenvielfalt und klimaresiliente, heimische Bepflanzungen detaillierter zu beschreiben, da hierfür im Entwurf genügend Raum vorhanden ist. Diese Themen würden sich zukünftig abbilden lassen. Das Regenwassermanagement wurde angesprochen, jedoch nicht ausreichend detailliert ausgearbeitet. Eine BNB-Zertifizierung „Silber“ wäre erreichbar.
Die Anforderungen an die Flächen für die Feuerwehr lassen sich vermutlich nur durch größere Eingriffe umsetzen, insbesondere in den Achsen, in denen „ÄON“ liegt. Hier sind weitere Anpassungen erforderlich, um die funktionalen Anforderungen zu erfüllen."
Hintergrund zum Wettbewerb
Insgesamt reichten 15 Teams aus dem In- und Ausland ihre Entwürfe ein. Die Konzepte wurden von einem Preisgericht unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Ulrike Kirchner bewertet. Das Preisgericht setzte sich zusammen aus Landschaftsarchitektinnen und -architekten, Mitgliedern des Kunstbeirates des Landes Hessen, Vertreterinnen und Vertretern des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur, des Hessischen Finanzministeriums, der h_da sowie der Wissenschaftsstadt Darmstadt und des Landesbetriebs Bau und Immobilien Hessen (LBIH). Die ersten drei Plätze erhalten ein Preisgeld. Der erste Preis beläuft sich auf rund 55.000 Euro. Das Gesamtprojekt wird federführend durch den LBIH als Bauherrenvertretung bearbeitet, unterstützt durch ein Büro zur Verfahrensbetreuung.
Ursprünglich entwickelt wurde die Idee für einen Freiflächenwettbewerb am Campus der h_da im Rahmen der Planungswerkstatt 2019. Hier wurde auch festgelegt, dass die seitens Land Hessen vorgesehene Kunst am Bau-Maßnahme für das Studierendenhaus auf den neugestalteten Freiflächen umgesetzt werden soll. So wurde aus dem Freiflächen- auch ein Kunstwettbewerb. Das Wettbewerbsverfahren wurde nach Abstimmung mit HMWK, HMdF, LBIH und h_da als sogenannter einphasiger interdisziplinärer Realisierungswettbewerb mit Ideenteil festgelegt. Im Realisierungsteil sollen die als Ergebnis des Ideenteils gesteckten Gestaltungsziele in nördlichen Campus im Bereich Studierendenhaus, Hochhaus, Mensa, Wasserbauhalle und Atriumgebäude beispielhaft ausgearbeitet und umgesetzt werden. Der erste Realisierungsabschnitt soll als eine Art Blaupause für die weitere Freiflächenplanung am Campus der h_da dienen.
Alle Wettbewerbsbeiträge
Alle Einreichungen finden Sie in der h_da-Cloud. Die Dokumente sind nur zur Ansicht und nicht zur Weiterverwendung.