Solarcontainer

Mit Solarcontainern die Welt verändern

Student der h_da entwickelt eine nachhaltige Lösung für die Energieversorgung in Afrika

Ein bunter Container mit der Aufschrift ‚AFRICA GREENTEC‘ macht sich am 20. Mai von Deutschland auf den Weg nach Mourdiah in Mali. Wenn er dort ankommt, brauchen vier Helfer nur 30 Minuten, seine ‚Flügel‘ auszuklappen und ein echtes, sofort funktionsfähiges Solarkraftwerk aus ihm zu machen. Und das ist gut so, bisher hat Mourdiah nämlich keinen Strom.

Charlie Njonmou steckt hinter der ganzen Sache. Er stammt aus Kamerun, dort ist er aufgewachsen, zur Schule gegangen und hat Internationalen Handel studiert. Dann kam er nach Darmstadt, um an der Hochschule Darmstadt Energiewirtschaft zu studieren. Inzwischen ist er beim Master angelangt: Wirtschaftsingenieurwesen, ebenfalls an der h_da. Doch das Studium ist für den 34-jährigen zur Nebensache geworden: ‚Mobile Solarkraftwerke Afrika GmbH & Co. KG‘ heißt seine Firma und das Projekt, mit dem er armen, ländlichen Gegenden in Afrika helfen will.

„In Deutschland sind alle Energiekraftwerke fest in den Boden gebaut und riesig, das ist für ein Entwicklungsland wie Mali zu teuer“, sagt Njonmou. Vor allem kleine Dörfer seien vom Stromnetz abgeschnitten und in ihrer Entwicklung deswegen stark benachteiligt. Bisher gebe es vor allem Dieselgeneratoren, die nicht nur teuer und schlecht für die Umwelt seien, sondern auch sehr laut. Aber ein Solarcontainer sei leise, klein und mobil, er könne nach Bedarf auf- und abgebaut werden. „Ein weiterer Vorteil ist, dass wir bei Sandstürmen einfach kurz die Flügel einklappen können, dann kann nichts kaputt gehen”, sagt Njonmou. Auch bei Unglücken oder Naturkatastrophen sei ein mobiler Solarcontainer schnell vor Ort und könne Krankenhäuser oder Notunterkünfte versorgen. Ein Container erzeuge genug Strom für 80 bis 150 Haushalte.

Für die Wartung der Container vor Ort gründete Njonmou eine zweite Firma in Afrika, die ‚Africa GreenTec SA‘. „Die Container werden in Duisburg von der Firma ‚Multicon Solar‘ gebaut und von ‚Africa GreenTec SA‘ vor Ort gewartet”, sagt er. Ob es eine Störung gibt, sehen die Ingenieure am Computer in Deutschland: „Jeder Container ist mit einem Sender ausgestattet und kann übers Internet ferngewartet werden. Es ist aber gut, ein Team vor Ort zu haben, das wir losschicken können, wenn es mal eine größere Störung gibt.”

„In Mourdiah ist es sehr heiß”, erzählt Njonmou. Die Zeit, zu der man aktiv Dinge erledigen könne, sei deswegen auf den frühen Abend beschränkt. “Aber dann wird es ja dunkel. Hätten sie Strom für Licht, könnten sie abends viel länger arbeiten, lernen und Behörden könnten länger öffnen”, sagt er. Licht wird also das erste sein, das der Solarcontainer den Menschen in Mourdiah ermöglicht. Das zweite sei vermutlich ein Kühlhaus sagt Njonmou. „Mourdiah liegt auf zwei großen Handelsrouten, davon leben die Menschen dort. Aber etwa ein Drittel der produzierten Milch muss jeden Tag weggeworfen werden, weil sie in der Hitze schlecht wird.”

Für die Finanzierung des Solarstroms haben sich Njonmou und sein Team ein Miet-Kauf-Modell ausgedacht: „Alle Einwohner, die an das Netz angeschlossen sein wollen, bezahlen ihren Strom für den Monat im Voraus. Diese Strom-Flatrate ist günstig, flexibel und sicherer für uns.” Das Besondere an dem Miet-Kauf-Modell sei der Kaufaspekt. “Sobald die Anschaffungskosten gedeckt sind, gehört der Container der afrikanischen Gemeinde und sie kann ihren eigenen Strom für weitere zehn bis fünfzehn Jahre komplett kostenlos erzeugen”, erklärt Njonmou.

Eine super Idee, doch der Weg bis zur Umsetzung war steinig: „Das größte Problem war, dass ich Ausländer bin. Als Ausländer darf man in Deutschland nicht einfach eine Firma gründen”, erzählt Njonmou. Es habe ihn viele Behördengänge und noch viel mehr Geduld und Durchsetzungsvermögen gekostet. „Manchmal kam es mir so vor, als wollten sie mir nicht mal eine Chance geben, niemand wollte zuhören. Aber ich bin von meiner Idee überzeugt und es hat sich gelohnt, dranzubleiben.”

Mit dieser Meinung ist er nicht allein. Um den ersten Solarcontainer bauen zu können, wendeten sich Njonmou und sein Team an ‚bettervest‘, eine Crowdfunding-Plattform für nachhaltige Projekte. Beim Crowdfunding stellt man sein Projekt der Öffentlichkeit vor und alle, die es gut finden, spenden kleine oder große Geldbeträge, damit es umgesetzt werden kann. Für den ersten Solarcontainer brauchten sie 107.700 Euro. “Wir gaben uns 60 Tage, um unser Ziel zu erreichen. Aber die Leute fanden die Idee so toll, dass wir das Geld schon nach drei Tagen gesammelt hatten.” Es sei toll, so viel Unterstützung zu erfahren. Aber richtig überrascht sei er nicht, immerhin wisse er, dass sein Projekt gut sei. Er sagt: „Hier an der Hochschule habe ich so viele kreative Köpfe kennengelernt, die meisten Leute haben ganz tolle Ideen. Aber die wenigsten machen etwas draus. Ich will wirklich alle ermutigen, nicht aufzugeben, denn nur so können wir die Welt verändern.”

Noch dieses Jahr bauen Njonmou und sein Team vier weitere Solarcontainer. Der zweite soll wieder über Crowdfunding finanziert werden: „Diesmal nehmen wir ‚GreenVesting‘, eine Plattform, die auf regenerative Energien spezialisiert ist. Aktuell bringen wir da alles ins Rollen.” Mit seiner Firma erfahre er zwar die Realität der Wirtschaft, doch er freue sich bereits darauf, wieder mehr Zeit in seinen Master zu investieren: „Ich werde auf jeden Fall zu Ende studieren, denn hier lerne ich auch viele andere Dinge, die bei meiner Arbeit vielleicht erst später wichtig werden. Ich will dieses Studium nutzen, um so viel wie möglich zu lernen”, sagt Njonmou.

Autorin

Sophia Naas

Weitere Informationen

Wie es mit Charlie Njonmou und den Solarcontainern weitergeht, berichten er und sein Team ständig auf Facebook (www.facebook.com/solarcontainer) und unter www.solarcontainer.org