Bei ihrer jüngsten Tagung der HochschulAllianz für Angewandte Wissenschaften (HAWtech) haben die beteiligten Hochschulen ihren Willen unterstrichen, auch künftig als Motoren für Innovation und Fortschritt zu wirken. Thema des virtuellen Treffens unter dem Vorsitz der Hochschule Darmstadt (h_da) war „Digitale Transformationsprozesse an Hochschulen für Angewandte Wissenschaften“. Die rund 160 Teilnehmenden tauschten sich über ihre Erfahrungen mit der Digitalisierung aus – sei es in Forschung und Lehre, im Wissenstransfer oder in der Verwaltung.
„Wir haben die Chance, die Erfolge der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften durch die Digitalisierung weiter auszubauen“, sagt Prof. Dr. Ralph Stengler, h_da-Präsident und Sprecher der HAWtech. „Als Bildungs- und Forschungseinrichtungen dienen wir als Experimentierfeld für die zukünftigen Fachkräfte in unserem Land. Ob sie nachhaltige Lösungen für unsere zukünftige digitalisierte Gesellschaft entwickeln werden, hängt maßgeblich davon ab, welche Kompetenzen wir Ihnen in das Berufsleben mitgeben können. Wir treiben daher die Digitalisierung in unseren Institutionen voran und pflegen den Austausch über Mechanismen und Erfolgsfaktoren für krisenfeste und zukunftssichere Hochschulkonzepte.“
Einer der Höhepunkte des Programms war eine hochkarätig besetzte Panel-Diskussion, in der die Hochschule von morgen skizziert wurde. Die Erfahrungen aus der Pandemie können als Sprungbrett dazu dienen, Studiengänge zu flexibilisieren und eine stärkere Studierendenzentrierung zu erreichen – das war der Tenor der Diskussion. Prof. Dr. Arnd Steinmetz betonte, dass bei der Debatte um die Digitalisierung die Inhalte in den Blickpunkt gerückt werden müssen: „Längst geht es nicht mehr darum, IT-Systeme und neue Technologien einzuführen“, sagte der Vizepräsident für Digitalisierung und Internationalisierung der h_da: „Es geht im Kern um eine umfassende Änderung unserer Arbeitsweisen. Damit ist die Digitalisierung Aufgabe der gesamten Hochschule und nicht mehr nur von IT-Fachabteilungen.“
Wie engagiert die sechs an der HAWtech beteiligten Hochschulen bereits die Digitalisierung mitgestalten, wurde bei der Präsentation von herausragenden digitalen Projekten deutlich. Forschende stellten darin innovative Ansätze vor, an denen sie mit ihren Studierenden arbeiten – um „biometrische Verfahren und automatisierte Gesichtserkennung“ geht es dabei ebenso wie um „Virtual-Reality-Anwendungen in der Produktion“ oder um das „Internet of Things in Smart Cities“. In der Bandbreite dieser Projekte zeigte sich zugleich eine besondere Stärke der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften: Sie bilden in ihren Regionen eine wichtige Brücke zwischen Wirtschaft und Forschung – ein Aspekt, der besonders in Zeiten der Digitalisierung bedeutsam sei, wie Dr. Michael Meister hervorhob, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung. „Hochschulen für Angewandte Wissenschaft bilden ein Drittel aller Studierenden aus und leisten damit vor allem für die regionale Wirtschaft die so wichtige Nachwuchsförderung. Mehr noch, sie sind Innovationsmotor für Regionen und internationales Musterbeispiel einer gelungenen Verbindung aus wissenschaftsbasierter Qualifizierung und praxisnaher Forschung. All dies macht HAWs so besonders. Deshalb hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung in den letzten Jahren die spezifische Förderung für HAWs kontinuierlich um fast 50 Prozent gesteigert.“
Tatsächlich sind gute Rahmenbedingungen einer der wichtigsten Punkte auf der Wunschliste der Hochschulen an die Politik, das wurde bei der Podiumsdiskussion auch deutlich. Arnd Steinmetz von der Hochschule Darmstadt machte deutlich, dass die Digitalisierung kein Sprint, sondern ein Marathon sei: „Sie muss dauerhaft finanziert und mit Personal versehen werden.“ Geld sei also eine wichtige Bedingung dafür, dass die Hochschulen bei der Digitalisierung erfolgreich sind – aber ebenso wichtig sei die juristische Ausgestaltung: „Die Gesetzgebung im Bereich der Digitalisierung ist nicht selten realitätsfremd und gelegentlich widersprüchlich. Hochschulen sind mit ihren Ressourcen daher nicht immer in der Lage, diese Gesetzesvorgaben umzusetzen.“
Prof. Dr. Kristina Sinemus, die Hessische Ministerin für Digitale Strategie und Entwicklung, betonte, ihr sei die Digitalisierung der Hochschulen in Lehre, Forschung und Verwaltung ein besonderes Anliegen: „Hessen hat mit seinen Hochschulen im vergangenen Jahr einen bundesweit einzigartigen Digitalpakt geschlossen. Mit einem Volumen von 112 Millionen Euro bis einschließlich 2024 wollen wir in unserem Bundesland den Weg für einen Digitalisierungsprozess ebnen, in dem die Hochschulen über Standorte und Hochschultypen hinweg miteinander kooperieren, Erfahrungen sowie Expertise nutzen und Synergien generieren.“ Sie stellte außerdem die Einrichtung eines Hessischen Kompetenzzentrums für verantwortungsbewusste Digitalisierung als Impulsgeber für Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft heraus. Dadurch werde eine am Menschen orientierte Gestaltung des digitalen Wandels gefördert: „Dies ist ganz im Sinne unserer Digitalstrategie, nach der die Digitalisierung den Menschen dienen soll“, so Sinemus.
Die an der HAWtech beteiligten Hochschulen bekräftigten auf ihrer Jubiläumstagung, dass die Digitalisierung nicht nur eine Aufgabe der ingenieurwissenschaftlichen Fächer ist. Auch geistes- und sozialwissenschaftliche Fragestellungen spielten eine große Rolle. Die Interdisziplinarität sei deshalb ein entscheidendes Kriterium für gelingende Digitalisierungsstrategien.