YU works_Tapari

Synapsengewitter beim Metapherbau

Ein regnerischer Herbstnachmittag im Westen Darmstadts. In einem Seminarraum im Technologie- und Innovationszentrum TIZ diskutieren zwei Gründer:innen aus der h_da den nächsten Meilenstein ihres Start-ups mit einem Gründungsberater – und errichten dabei eine Kita aus Klemmbausteinen.

Was ist denn hier los? Jenny Rink und Pedro Alves Zipf vom Start-up Tapari absolvieren einen Workshop auf Basis der Methoden und Materialien von Lego® Serious Play®. YUBIZZ Gründungsberater Sascha Heising hat sie dazu in die Räume von Netzwerkpartner cesah eingeladen, für den Sascha ebenfalls tätig ist. Er leitet an, stellt Aufgaben, setzt Zeitlimits und gibt Hilfestellungen. Der Tapari-Spielteppich ist heute also ausnahmsweise genoppt und aus Kunststoff. Jenny und Pedro beantworten die ihnen gestellten Aufgaben mithilfe von Klemmbausteinen. Sie formen visuelle, plastische Antworten.

Tools aus der Klemmbaustein-Werkzeugkiste

„Je präziser das Problem oder die Fragestellung benannt wird, desto besser wird der Workshop“, sagt Sascha, der schon viele solcher Workshops mit Start-ups moderiert hat. Deshalb haben Jenny und Pedro ihre Zielsetzung in einem einstündigen Vorgespräch geklärt: Sie wollen heute den Prozess der anstehenden Testphase ihres interaktiven Spielteppichs durchdeklinieren und definieren. „Wir hatten dazu beide viele Ideen in unseren Köpfen“, sagt Jenny. „Die haben wir ausgesprochen und geordnet. Wir haben uns Fragen gestellt wie: Welche Herausforderungen stellen sich? Was brauchen wir?“

Diese letzte Frage war nach dem Vorgespräch auch für Sascha geklärt: Er wusste, zu welchen Tools aus seiner Klemmbaustein-Werkzeugkiste er greifen muss. Denn mit der Methode lassen sich sehr unterschiedliche Problemlösungen erarbeiten, etwa neue Modelle der Zusammenarbeit, operative Prozesse oder strategische Entscheidungen.

Bau, Präsentation, Reflexion

In ersten Teil des Workshops am Vormittag hatten Jenny und Pedro zunächst die Methode kennengelernt. Anschließend bauten sie unabhängig voneinander Einzelmodelle, die ausschließlich auf der eigenen Wahrnehmung und Sichtweise basieren. Auf das Bauen folgte die Präsentation, dann die Reflexion. „Das hat uns ein Gefühl dafür gegeben, wie der andere etwas sieht und worauf er besonderen Wert legt“, berichtet Jenny. Metaphern, die die Teilnehmenden finden und diskutieren, spielen eine zentrale Rolle bei der Methode. Die Abfolge „bauen – präsentieren – reflektieren“ ist der rote Faden.

Jetzt, am Nachmittag, geht es an die Baustufen zwei und drei. Die beiden Modelle werden zu einer Synthese beider Sichtweisen zusammengeführt – dem Gruppenmodell. Dieses wird schließlich zum Systemmodell weiterentwickelt, das außerdem Bezüge zu externen Faktoren herstellt. „Das ist dann die konsolidierte Teamsicht, der alle Mitglieder weitgehend zustimmen“, erklärt Sascha.
 
Plastisch in Plastik
Los geht’s. Die Zeit läuft: 30 Minuten. Jenny schnappt sich passende Steine und beginnt, eine Kita zu errichten. Pedro nimmt erst mal einen Schritt Abstand vom Tisch und beobachtet den Baufortschritt. Die Bauphasen unter Zeitdruck verlangen viel Kommunikation – verbale, vor allem aber nonverbale: plastisch in Plastik. Offene Fragen müssen rasch geklärt werden. Die Uhr tickt. Immer wieder: Kurzes Break, Rücksprache, Klärung – und weiter.
 
Nach 30 Minuten ruft Sascha den Baustopp aus. Die Zeit ist um, das Ergebnis anschaulich. Sascha lässt sich erklären, was das Team auf die Bauplatte gestellt hat. Er gibt Hinweise und lenkt die Aufmerksamkeit durch gezielte Rückfragen auf Unklarheiten oder Aspekte, die aus dem Fokus geraten sind.
 
Versachlichung als Stärke
„Für mich ist die größte Stärke der Methode, dass die Teilnehmenden Abstand zur eigenen Sichtweise aufnehmen und auch andere Perspektiven einnehmen“, sagt Sascha. Verbale, wörtliche Kommunikation bringt regelmäßig Missverständnisse mit sich, die zudem leicht auf die falsche Kommunikationsebene abrutschen können. Die Klemmbausteine geben den Gedanken eine Gestalt. Das Gegenständliche können alle Beteiligten betrachten und wertfrei aus einer distanzierten Position darüber sprechen. Etwa: „Mein Modell zeigt …“ Oder: „Zeigt dein Modell…?“ Das Team bleibt, wortwörtlich, bei der Sache; andere Aspekte treten in den Hintergrund. In dieser Abstraktion liegt das große kommunikative Potenzial, von dem Sascha Heising spricht.
 
„Denken mit den Händen und Zuhören mit den Augen.“ Dieser Merksatz bringt die Methode auf den Punkt. Sie macht sich die Hand-Hirn-Verbindung zunutze und entfesselt die Kraft des „Fang doch einfach mal an“. Dabei wird die Denkleistung beider Gehirnhälften beansprucht: Es braucht sowohl Sprache und Ratio als auch Intuition und Kreativität. Gestik und Mimik von Jenny und Pedro, die ihre gesamte Konzentration auf die Bauplatte richten, lässt erahnen, wie rege die Synapsen zwischen ihren Ohren arbeiten.
 
Mit Klemmbausteinen zum Meilenstein
In diesem kommunikativen, iterativen und dynamischen Prozess kommen Jenny und Pedro an ihr Ziel. Mit den Klemmbausteinen visualisieren sie ihre Lösung: räumlich und dinglich, personell und szenisch. „Nach dem Workshop fühlen wir uns gut auf die Testphase vorbereitet“, blickt Jenny später zurück. Sie hätten ungeklärte Punkte und mögliche Fallstricke erkannt. „Wir haben uns danach noch einmal mit Blick auf unsere Modelle hingesetzt und sind alles durchgegangen. Jetzt wissen wir gegenseitig viel genauer, was der andere tut und wer wann welche Aufgabe hat.“

    YUBIZZ works

    Unter dem Label YUBIZZ works bieten wir Workshops, Trainings und ähnliche Formate an. Sie richten sich in der Regel an unsere bestehenden Gründungsteams und angehende Start-ups.

    Text

    Daniel Timme

    Fotos / Bildnachweise

    Daniel Timme/h_da

    Veröffentlicht

    Oktober 2024