Der Präsident der Hochschule Darmstadt, Professor Dr. Ralph Stengler, hat zum Beginn der Vorlesungszeit im laufenden Wintersemester Honorarprofessor Hans Joachim Mendig zu einer Aussprache mit Vertretern des Präsidiums und des Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) an die h_da eingeladen. In der Gesprächseinladung unterstreicht der h_da-Präsident, dass für ihn sowohl die Achtung von Wissenschafts- und Meinungsfreiheit an der Hochschule als auch von Persönlichkeitsrechten und eines fairen Umgangs miteinander maßgeblich seien: „Dazu gehört, dass Diskussionen ohne Vorverurteilungen offen und unter Anhörung aller Seiten geführt werden. Selbstverständlich muss ich als Präsident meinen Blick darauf richten, dass das Ansehen der Hochschule Darmstadt nicht beschädigt wird“, so Stengler.
Mendig war im Vorfeld aus Kulturszene und Politik für ein Instagram-Foto kritisiert worden, das ihn im Juli beim Essen mit dem PR-Berater Moritz Hunzinger und dem AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen zeigt. Mendig war zu diesem Zeitpunkt noch Geschäftsführer der HessenFilm und Medien GmbH, also der hessischen Filmförderung. Am 24. September beendete der Aufsichtsrat der HessenFilm jedoch die Zusammenarbeit mit ihm. Die Staatsministerin im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst Angela Dorn, die dem Aufsichtsrat vorsteht, stellte Ende Oktober in einer Pressemitteilung klar, dass es bei der zugrundliegenden Entscheidung „nicht um die Bewertung des Treffens zwischen Herrn Mendig mit Herrn Meuthen“ gegangen sei, „in diesem Land darf sich jeder mit jedem treffen. Es ging vielmehr um den Umgang des Geschäftsführers mit den Fragen vieler Filmschaffender zu diesem Treffen.“ Damit reagierte Dorn auf die vorherige öffentliche Debatte, in der seine Abberufung im Zusammenhang mit der Interpretation des besagten Instagram-Fotos und Mendigs eigener Einordnung des Treffens als „privat“ diskutiert wurde.
Auch an der h_da wird eine sehr engagierte Diskussion um das Instagram-Foto, dessen Interpretation und die politischen Folgen geführt. Für das Wintersemester wurde Professor Mendig nicht für sein Lehrgebiet Film und Medien am Fachbereich Media eingeplant. „Wirkungsvolle Lehre kann nur in einer vertrauensvollen, wertschätzenden und konzentrierten Atmosphäre stattfinden. Diese ist offensichtlich nicht gegeben“, so Dekan Professor Wilhelm Weber.
Der Fachbereichsrat Media hat Mitte Oktober in einer Stellungnahme den Umgang seines Honorarprofessors mit der aktuellen Debatte missbilligt: „Schon vor der Entbindung von seinem Amt in der Hessischen Filmförderung hätte Mendig sich öffentlich deutlicher und umfassender zu dem Treffen und seinem Kontext erklären müssen“, heißt es dort etwa. Sein fortgesetztes Schweigen vor dem Hintergrund der andauernden Berichterstattung hätte zu einem Vertrauensverlust geführt. Mendigs Lehrtätigkeit soll laut Fachbereichsrat bis zu einer Wiederherstellung des beschädigten Vertrauensverhältnisses ruhen. Der Fachbereichsrat werde eine Wiederaufnahme von Mendigs Lehrtätigkeit erst empfehlen, wenn jener in einer öffentlichen Stellungnahme alle Zweifel ausgeräumt habe.
Für h_da-Präsident Professor Ralph Stengler zeigen sich in der Debatte auch Werte der Hochschule insgesamt: „Die h_da steht für eine kritische und offene Debattenkultur. Es ist zu begrüßen, dass gesellschaftlich wichtige Fragen von Studierenden, Lehrenden und Beschäftigten kritisch diskutiert werden. Wir wollen unsere Studierenden zu Kritikfähigkeit, sozialer Verantwortung und politischer Teilhabe befähigen.“
Zu den gelebten Werten der h_da gehören laut Stengler auch Weltoffenheit und Toleranz: „Wir unterstützen beispielsweise die HRK-Aktion ,Weltoffene Hochschulen – Gegen Fremdenfeindlichkeit´ und sind der hessischen ,Charta der Vielfalt – für Diversity in der Arbeitswelt´ beigetreten.“ In ihrem Leitbild bekennt sich die h_da zur Förderung von Chancengleichheit unabhängig von Persönlichkeitsmerkmalen wie etwa Nationalität, Geschlecht oder Religion.
Aus den Reihen der Kritiker Mendigs in der Hochschule sind auch Forderungen nach einer Abberufung Mendigs als Honorarprofessor laut geworden. Präsident Stengler ruft in diesem Zusammenhang zur Besonnenheit auf: „Welchen Eindruck der Instagram-Post mit Prof. Mendig erweckt hat, ist ja bereits öffentlich breit diskutiert worden. Uns liegen gleichzeitig keinerlei faktische Erkenntnisse darüber vor, ob sich Professor Mendig an der h_da überhaupt jemals politisch geäußert hat. Bis zur Aufklärung der Angelegenheit verbieten sich offizielle Schlussfolgerungen der Hochschulleitung bezüglich der Stellung Herrn Mendigs an der h_da. Hier setzen wir im nächsten Schritt auf die Gesprächsbereitschaft Professor Mendigs.“
Hintergrund: Hans Joachim Mendig wurde Anfang 2019 als Honorarprofessor für Film und Medien an den Fachbereich Media berufen. Ausschlaggebend für seine Berufung waren seine jahrzehntelangen Erfahrungen in der Filmbranche und sein Engagement in der Lehre. Seit 2013 lehrt der Diplom-Betriebswirt an der Hochschule zu Themen aus der Film- und Fernsehproduktion. Er vermittelt die unterschiedlichen Berufsbilder innerhalb des Film- und Medienbereichs und deren Anforderungen. Bis 2016 hat Hans Joachim Mendig als Film- und Fernsehproduzent gewirkt. Unter seiner Verantwortung wurden beispielsweise Serien wie „Ein Fall für zwei“, „Der Kriminalist“ oder „Der Staatsanwalt“ realisiert. Produktionen unter der Leitung von Hans Joachim Mendig wurden mit dem Deutschen Fernsehpreis, dem Bayerischen Fernsehpreis und dem Telestar-Award ausgezeichnet.