Ein Headset, das die Stop-and-go-Signale einer Ampel simuliert, soll es Blinden und Sehbehinderten künftig ermöglichen, Straßen an beliebigen Stellen sicher zu überqueren. Für ihr "Urban" genanntes Konzept wurden Studierende der Hochschule Darmstadt (h_da) aus dem Studiengang Interactive Media Design auf der "ThingsCon"-Konferenz in Amsterdam mit dem Preis für das beste Projekt ausgezeichnet. Verliehen wurde die Auszeichnung im Rahmen der erstmals veranstalteten Talents Night, an der sich Hochschulen aus Deutschland und den Niederlanden beteiligten.
Blinde und Sehbehinderte orientieren sich im Straßenverkehr oft an akustischen Signalen. Klickende Ampeln bedeuten "Rot", piepende Ampeln "Grün". An vielen Strecken und Straßenüberquerungen fehlen allerdings solche Signale. Die h_da-Studierenden haben mit "Urban" ein technisches System entwickelt, das in Verbindung mit einem Headset zu jeder Zeit und an jeder Stelle akustische Ampelsignale ausgeben kann.
Grundvoraussetzung des Systems ist eine mit kleinen Bluetooth-Sendern, so genannten Beacons, ausgestattete Stadt. Die Beacons sind in regelmäßigen Abständen an Straßenlaternen angebracht und scannen in Kooperation miteinander ganze Straßenzüge. Möchte eine blinde Person an einer beliebigen Stelle eine Straße überqueren, richtet sie sich zunächst quer zum Bordstein aus. Sie kann dies mit ihrem Blindenstock erfühlen. Dadurch löst sie das System aus. Dies wird ihr über das Headset durch das bekannte Klacken einer behindertengerechten Ampel bestätigt. Die Person weiß nun, dass sie warten muss.
Währenddessen übernehmen die Beacons das Sehen. Steht der Nutzer beispielsweise an Beacon B, tracken Beacon A und Beacon C die Straße. Wird keine Gefahr für den Blinden erkannt, erhält dieser das akustische Piep-Signal zum Überqueren der Straße. Wird jedoch ein Fahrzeug erkannt, berechnen die Beacons die Zeit, die das Fahrzeug benötigt, bis es auf Höhe des Blinden ist und vergleichen dieses Ergebnis mit der Zeit, die der Nutzer voraussichtlich zum Übergang braucht. Ist die errechnete Zeitspanne ausreichend, bekommt die Person das Signal zum Laufen.
Die Jury lobte den Mut der h_da-Studierenden Patrick Beck, Nina Hanselmann, Benjamin Faust und Lisa Brand, sich konsequent einem Thema zu widmen, das sonst kaum Beachtung findet. Denkbar ist nun, das Urban-Konzept in Kooperation mit einem städtischen Partner als Forschungsprojekt fortzusetzen.
Die "ThingsCon" gilt als Europas führende Konferenz zur Zukunft von Hardware, vernetzten Objekten und dem Internet der Dinge. Das Ziel der interdisziplinären Konferenz ist es, Industrie, Maker und Hochschulen zusammenzubringen, um gemeinsam an einem verantwortungsvollen Internet der Dinge zu arbeiten, dass sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert. Die Hochschule Darmstadt war in diesem Jahr offizieller Partner der ThingsCon.