„Ich wollte mir durch ein Studium etwas aufbauen“

h_da-Alumnus Umair Ansari hat mit einem Diplom- und Masterabschluss in Informationsrecht eine erfolgreiche berufliche Zukunft verwirklicht

Umair Ansari kam als Kind von Geflüchteten nach Deutschland. Sein Traum: Er wollte studieren und beruflich erfolgreich werden. Er entschied sich für den neuen Studiengang Informationsrecht an der Hochschule Darmstadt, den Anfang der 2000er Jahre nur wenige Hochschulen in Deutschland überhaupt anboten. Der 35-Jährige absolvierte seinen Diplom- und anschließend noch einen Masterabschluss. Heute ist der h_da-Alumnus IT-Teamleiter beim Autozulieferer SAF Holland in Aschaffenburg.


Umair Ansari hatte den richtigen Riecher. Internet, Soziale Medien, Künstliche Intelligenz oder Robotik waren vor rund 20 Jahren zwar gar nicht oder längst nicht so fortentwickelt und verbreitet wie heute. „Dennoch erschien mir die Informationstechnologie sehr zukunftsträchtig zu sein“, erkannte er richtig. IT hatte Umair Ansari in der Oberstufe als Fach belegt, aber der Unterricht beschränkte sich eher auf einen Grundkurs in EDV. Das Interesse war jedoch geweckt und für ihn war klar: „Ich wollte etwas Neues machen und studieren.“ Und dass, obwohl es Lehrer in der Heinrich-Emanuel-Merck-Schule in Darmstadt gab, die dem jungen Geflüchteten zu einer handwerklichen Ausbildung rieten und ihm ein Studium nicht zutrauten. Das spornte Umair Ansari aber mehr an, als dass es ihn davon abhielt.


Kommunikative Stärken

1991 kam der zweijährige Umair Ansari mit seinen Eltern und Geschwistern aus Pakistan nach Deutschland, wo sie Asyl beantragten. Sie gehören zur Ahmadiyya-Gemeinde, einer muslimischen Glaubensgemeinschaft, die in Pakistan verfolgt wird. Bis zur Anerkennung ihres Asylstatus lebt die siebenköpfige Familie zehn Jahre lang in einer Geflüchteten-Unterkunft in Griesheim. Auf zweieinhalb-Zimmern ohne Privatsphäre. „Das war schwierig“, erinnert sich der Alumnus. Mit Erhalt der Aufenthaltsgenehmigung und erstem erarbeiteten Geld zog Umair in eine eigene kleine Wohnung. 

Finanziell war es immer eng in der Familie gewesen. Der Jugendliche wollte daher erfolgreich sein. „Ich wollte mir durch ein Studium etwas aufbauen.“ Auch seine Eltern rieten ihm zu. „Wer in der Gesellschaft anerkannt sein will, muss studieren“, sagte seine Vater. Deutsche Grammatik oder Rechtschreibung zählten in der Schule nicht zu Umair Ansaris Stärken, „aber kommunikativ habe ich bei den Noten immer viel wieder gut gemacht“, lacht er. „Argumentieren kann ich gut.“ An Fleiß und Willen fehlte es ihm nicht und auch nicht an Gespür. 

IT-juristische Themen waren bis dahin in der Anwendung der neuen Technologie nur lückenhaft abgedeckt. Umair Ansari schrieb sich daher für Informationsrecht an der Hochschule Darmstadt, am Campus Darmstadt ein, und studierte juristische Themenfelder wie Recht und Datenschutz im Internet, Lizenz- und Urheberrecht oder Markenmanagement, aber auch finanzielle Aspekte wie E-Commerce oder das Risiko von Cyberangriffen. Alles Bereiche, die seit dem großen Technologiesprung im Internet relevant sind. Seine Diplomarbeit verfasste der Alumnus über den Einsatz von Messangerdiensten als Kommunikationstool in Unternehmen. Hier ging es unter anderem um so wichtige Themen wie den Datenschutz. „Dienste wie WhatsApp waren zu der Zeit ganz neu.“ Im anschließend noch absolvierten Masterstudiengang Internationales Lizenzrecht spezialisierte sich der 35-Jährige auf Lizenz- und Software-Recht sowie IT-Verträge.


Auch negative Erfahrungen gemacht

Vor und auch während des Studiums arbeitete Umair Ansari. Neun Monate hat er Zivildienst in der ambulanten Altenpflege in Darmstadt geleistet. Eine Arbeit, die er anfangs zur Finanzierung des Studiums fortsetzte. Der junge Mann half im Haushalt, ging mit den älteren Menschen spazieren, kaufte für sie ein oder kochte. „Ich habe viele gute Menschen kennengelernt, aber auch rassistische Erfahrungen gemacht, weil es Patienten gab, die nicht von mir, sondern von einem deutschen Pfleger betreut werden wollten“, erinnert sich der Alumnus, der die deutsche Staatsangehörigkeit hat. Während seines Masterstudiums stellten ihn die Heidelberger Stadtwerke als Werksstudent für das Software-Asset-Management ein und boten ihm auch eine anschließende Vollzeitbeschäftigung an. „Ich wollte aber zuerst meinen Master fertig machen.“ In Heidelberg baute der Alumnus nach seinem Studienabschluss für die Stadtwerke dann den IT-juristischen Bereich auf und blieb dort dreieinhalb Jahre, bevor er in eine Unternehmensberatung im Finanz- und Versicherungssektor in Bad Homburg wechselte. 

Bei „Microfin“ kümmerte er sich unter anderem um Fragen, wie IT-Aufgaben in welcher Form an Dienstleister ausgelagert werden können. Eine Stelle, die ihm ermöglichte, ein Netzwerk zu vielen großen Banken aufzubauen, die aber auch eine 50-Stunden-Arbeitswoche bedeutete. „Ich war viel unterwegs“, sagt Umair Ansari. Eine Situation, die er nicht länger aufrecht halten wollte, als nach seiner Heirat sein Sohn auf die Welt kam. „Das passte nicht mit meinem Familienleben zusammen.“ Vor vier Jahren wechselte er deshalb zu SAF-Holland, einem Zulieferunternehmen für die LKW- und Trailer-Industrie in der Nähe von Aschaffenburg. Dort war gerade eine neue Stelle in der IT-Abteilung für Vertragsmanagement und Lizenzrecht geschaffen worden. 

Heute leitet er ein dreiköpfiges Team, das zuständig ist unter anderem für Compliance und IT-Sourcing, also die professionelle Beschaffung von IT-Systemen und IT-Dienstleistungen über externe Anbieter. Viele Aufgaben kann Umair Ansari im Home Office erledigen und gleichzeitig bei der Familie sein. Seine Frau hat übrigens BWL studiert – ebenfalls an der Hochschule Darmstadt. 


Wichtige Bezugspersonen an der h_da

Der h_da ist Umair Ansari noch immer verbunden. „Ein paar der Professoren waren damals ganz wichtige Bezugspersonen für mich“, betont er. Etwa der Rechtswissenschaftler Professor Felix Hermonies oder Prof. Harald Hahn, „bei dem ich viel gelernt habe über Medienrecht und Datenschutz“. Doch noch an einen anderen Aspekt seines Studiums denkt er gerne zurück. Die h_da ist eine der wenigen Hochschulen, die das Programm des Interdisziplinären Studienbereichs Sozial- und Kulturwissenschaften (SuK) für alle ihre Studierenden anbietet. „SUK war wichtig für mich“, sagt Ansari. Er belegte hier Sprachkurse in Spanisch, Portugiesisch und Chinesisch, lernte Bereiche aus der Psychologie, Philosophie oder Kommunikation näher kennen. „Die Hochschule hat mir ermöglicht, über den Tellerrand hinauszuschauen“, lobt er. Seine Begeisterung scheint ansteckend gewesen zu sein. Auch Umair Ansaris jüngerer Bruder hat anschließend Informationsrecht an der h_da studiert.

Autor

Astrid Ludwig
April 2025