Auf dem Weg zur „European University“: Hochkarätig besetzte Podiumsdiskus-sion in Berlin zeigt Chancen auf

Die Hochschule Darmstadt (h_da) nimmt bundesweit eine Pionierrolle ein mit ihrem Ziel, zu einer Europäischen Hochschule zu werden. Dazu will sie mit ihren acht weiteren Partnern aus der Hochschulallianz EUT+ (European University of Technology) auf lange Sicht vollständig fusionieren. Die Frage, wie sich eine solche länderübergreifende Hochschule institutionell verankern lässt, stand Mitte Dezember, im Mittelpunkt einer Diskussion in der Hessischen Landesvertretung in Berlin.

Vor einer solchen Fusion müssen Herausforderungen auf den unterschiedlichsten Ebenen gelöst werden. Konkrete Fragen zur Anerkennung von Studienleistungen und Abschlüssen in allen beteiligten Ländern gehören ebenso dazu wie die Klärung der Hochschul-Finanzierung. An der Berliner Diskussion waren Vertreterinnen und Vertreter der verschiedenen Institutionen beteiligt, die in den Prozess involviert sind – von der Europäischen Kommission über das Bundesministerium für Bildung und Forschung bis hin zum Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst.

Einigkeit herrschte unter allen Teilnehmenden darüber, dass ein starker europäischer Hochschulraum eine wichtige Voraussetzung für das weitere Zusammenwachsen der Union, aber auch für die wirtschaftliche Prosperität in den Regionen sei. Für eine länderübergreifende europäische Hochschule gibt es bislang noch kein Beispiel. Es müssen deshalb institutionelle und juristische Voraussetzungen geschaffen werden, von denen dann auch weitere Hochschulallianzen profitieren könnten.

Das Thema des Föderalismus spielte in der Diskussion eine wichtige Rolle. Sowohl innerhalb Deutschlands als auch in der Europäischen Union sei die Verantwortung für Bildungsfragen bewusst auf viele Schultern verteilt, betonten mehrere Diskussionsteilnehmende. Eine gemeinsame europäische Hochschule allerdings würde dieses Prinzip durchbrechen. Ein neuer Rechtsstatus für die Trägerschaft wäre deshalb notwendig, an den sich unmittelbar die Frage anschließt, wie sich die Finanzierung unter den neun beteiligten Ländern regeln lässt. Auch dienstrechtliche Fragen für die Beschäftigten müssen geklärt werden. Und aus studentischer Sicht spielt vor allem die Anerkennung von Abschlüssen eine Rolle; gerade bei ingenieurswissenschaftlichen Studiengängen, auf die alle neun an der EUT+ beteiligten Hochschulen spezialisiert sind, sind bislang die Regelungen in den jeweiligen Ländern unterschiedlich.

Im Blickpunkt standen bei der Diskussion aber auch die großen Vorteile und Chancen, die eine gemeinsame europäische Hochschule bietet. So werde der Gedanke eines gemeinsamen und durchlässigen europäischen Forschungsraums mit neuem Leben erfüllt. Auch biete sich die Chance, ein europäisch geprägtes Technikverständnis zu etablieren. Zugleich steige durch die Fusion die Sichtbarkeit in den internationalen Rankings der besten Hochschulen, und für die Studierenden eröffne sich die Möglichkeit, jedes Semester in einem anderen Land zu verbringen oder virtuell an Vorlesungen und Seminaren aus ganz Europa teilzunehmen.

Die Podiumsdiskussion war hochkarätig besetzt: Von der Europäischen Kommission waren Pia Ahrenkilde Hansen, die Generaldirektorin für Bildung, Jugend, Sport und Kultur, sowie Tine Delva als stellvertretende Leiterin Hochschulwesen dabei. Dr. Jens Brandenburg vertrat als Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministeriums für Bildung und Forschung die Bundesebene und Ayse Asar, die Staatssekretärin im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, brachte die Positionen der hessischen Landesregierung ein.

Zitate

Prof. Dr. Arnd Steinmetz, Präsident der Hochschule Darmstadt: „Als deutscher Campus der EUT+ arbeiten wir mit unseren europäischen Partnern daran, dass die Idee von Europäischen Universitäten als transnationalen Institutionen Realität wird. Diese große gesellschaftliche Innovation wird Studierende und Forschende in Europa näher zusammenführen und Europas Position auf dem globalen Bildungsmarkt stärken. Auf dem Weg dahin ist es wichtig, dass die deutschen Landesregierungen und die Bundesregierung sich in die Diskussion in der EU einbringen. Denn jetzt werden die Weichen gestellt bei wesentlichen Fragen wie der zukünftigen Rechtsform einer Europäischen Universität.“

Pia Ahrenkilde Hansen, Director-General for Education, Culture, Youth and Sport at the European Commission: „The European Commission is seeking to empower Europe’s universities to share best practice, pool resources and make common strategic decisions together.  We want to make it simpler for universities to partner up and innovate, based on shared European criteria. The Commission stands ready to support the long-term development of European Universities.“

Dr. Jens Brandenburg, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung: „Die Europäischen Hochschulallianzen stehen sinnbildlich für das geeinte Europa und die gemeinsame Bewältigung globaler Herausforderungen. Sie fördern die europäische Identität und stärken demokratische Werte. Junge Menschen aus verschiedenen Ländern lernen dort zusammen, beschäftigen sich mit aktuellen Fragen und suchen gemeinsam nach Lösungen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt mit dem „Nationalen Begleitprogramm für Europäische Hochschulen“ die Vernetzung in Europa von deutscher Seite. Eine breite Unterstützung auf nationaler und europäischer Ebene ist unerlässlich, um den Erfolg und die Entwicklung der Europäischen Hochschulallianzen zu gewährleisten.“

Ayse Asar, Staatssekretärin im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst: „Hessen war das Bundesland, das mit der Technischen Universität Darmstadt erstmals eine autonome und von staatlicher Steuerung unabhängige Hochschule in Deutschland etablierte. Hessen gab den Hochschulen für angewandte Wissenschaften erstmals in der Bundesrepublik das Promotionsrecht und Ressourcen zum Aufbau eines eigenen Mittelbaus und Hessen macht sich jetzt mit der Hochschule Darmstadt in der Federführung auf, mit der European University of Technology einen echten europäischen Verbund mit eigener Rechtssubjektivität zu schaffen. Mit all diesen Vorhaben war und ist Hessen Pionier.  Hessen liegt bekanntermaßen mitten in Europa. Die europäische Integration und ein starkes Europa sind eine Herzensangelegenheit für uns und wir sind davon überzeugt, dass auch eigenständige Europäische Hochschulen unsere globale Wettbewerbsfähigkeit stärken. Dies gilt es mit geballter Kompetenz auf europäischer, Bundes- und Länderebene möglich zu machen.“

Hintergrund

Die Hochschule Darmstadt (h_da) und acht Partnerhochschulen aus ganz Europa arbeiten gemeinsam an der Vision eines neuen Hochschultyps – der „Europäischen Universität“. Seit 2020 wird das Vorhaben, zur „European University of Technology“ (EUT+) zusammenzuwachsen, von der EU-Kommission unterstützt. Ziel der Allianz ist es, als eine der ersten technologieorientierten europäischen Universitäten einen Beitrag zur weiteren europäischen Integration zu leisten und sich auf EU-Ebene zu einem dynamischen Akteur an der Schnittstelle zwischen Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft zu entwickeln. In den Bereichen Lehre, Forschung und Transfer wird dazu die Zusammenarbeit zwischen den neun Partnern auf allen Ebenen intensiviert. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf Fragen der Nachhaltigkeit. Die Europäische Kommission möchte mit der „European Universities Initiative“ zur Schaffung eines europäischen Bildungsraums beitragen und insgesamt bis zu 60 solcher Hochschulverbünde finanziell fördern.

Die neun Partner der EUT+