Alumni-Elektrotechnik

„Der Campus ist kaum wiederzuerkennen“

Alumni der Elektrotechnik feiern ihr Diplom vor 30 Jahren

„War hier nicht früher mal die Bibliothek?“ Verwundernd blickt sich die Gruppe im hellen, schicken Café für die Studierenden, im so genannten Glaskasten im Hochhaus an der Schöfferstraße um. Die gemütlichen grünen Sofas, die Bar, all das gab es 1985 in dieser Form noch nicht, als sie selbst an der Hochschule Darmstadt (h_da) studierten. „Der Campus ist kaum wiederzuerkennen. Alles ist sehr modern“, findet Ursula Pröger, nachdem sie das Hochhaus, das neue Vorlesungsgebäude und die Labore besichtigt haben. Die Entwicklungs-Ingenieurin hat vor 30 Jahren an der h_da ihren Diplom-Abschluss in Elektrotechnik gemacht. Vor 20 Jahren waren sie und ihr Mann Thomas, der an der Hochschule Nachrichtentechnik studiert hat, schon einmal an der h_da, „aber seither hat sich viel verändert“.

Zehn ehemalige Kommilitonen und Kommilitoninnen des Studiengangs Elektrotechnik feierten Ende August Jubiläum: 30 Jahre ist es her, seit sie ihr Diplom in Empfang nahmen. Ein Datum, das die Absolventen mit einem Besuch und einem Rundgang an ihrer Alma Mater begingen – begleitet von der Alumni-Referentin der h_da, Christine Haller, und der Alumni-Beauftragten des Fachbereiches, Heike Appel, die sich freuten, die Ehemaligen an der Hochschule zu begrüßen.

200 Studienanfänger in der Elektrotechnik gab es damals, erinnert sich Ursula Pröger. Nur vier davon waren Frauen, „aber alle vier haben auch abgeschlossen“, betont Annette Zimmer-Kass. Sie und Ursula Pröger gehörten dazu. „Erinnert ihr euch“, sagt sie: „Damen-Toiletten gab es im Hochhaus damals nur in jeder zweiten Etage. Wir mussten immer weiter laufen als die Männer.“ Annette Zimmer-Kass hat das Treffen der Ehemaligen zum 30. Jubiläum initiiert. Sie und andere Kommilitonen sind über Jahre in Kontakt geblieben. Darunter auch Waldemar Leibrandt, der heute bei der Post in Darmstadt beschäftigt ist. Die Elektrotechnik war ihm damals zu sehr auf den Bereich der Entwicklung orientiert. Nach dem Studium und ein paar Berufsjahren sattelte er um: Leibrandt hatte die EDV und den Elektronischen Datenaustausch für sich entdeckt. Viele seiner Kommilitonen dagegen waren nach dem Studium zu Siemens gewechselt. „Aus den Studien- wurden anschließend Arbeitskollegen“, sagt der ebenfalls erschienene Alumnus Uwe Ney, der für den Konzern Jahrzehnte in der Kraftwerkstechnik arbeitete. Doch so mancher in der Runde hat seine alten Studienmitstreiter Jahrzehnte nicht gesehen und die Wiedersehensfreue ist groß.

Ein von Männern dominierter Studiengang

Die E-Technik „war ein von Männern dominierter Studiengang“, sagt Ursula Pröger. Sie hat das nicht gestört, „die meisten Dozenten haben uns sehr unterstützt, doch es gab auch einige wenige, die voreingenommen waren“, erinnert sie sich. „Die glaubten, wir sind nur hier, um Männer abzustauben.“ Was in ihrem Fall dann auch irgendwie zutraf: Sie und ihr Mann Thomas lernten sich an der Hochschule kennen und heirateten später, erzählen die beiden lachend.

Ursula Pröger hatte zuvor in Regensburg schon zwei Semester Mathematik studiert, bevor sie nach Darmstadt wechselte. „Ich wollte etwas Anwendungsorientierteres studieren.“  Die Hochschule war offener, freier als ihre vorherige Uni. „Es gab mehr Wahlmöglichkeiten, nichts war vorgegeben“. Pröger spezialisierte sich im Studium auf Regelungs- und Automatisierungstechnik, arbeitet heute als Entwicklungs-Ingenieurin beim Flugzeughersteller Diehl Aerospace in Frankfurt. Sie entwickelt Cockpit-Systeme und Türsteuerungen und ist die einzige Frau in ihrem Team.

Ihr Mann Thomas konnte nach dem Diplom seine Stelle frei wählen. 54 Firmen hatten ihn damals angeschrieben. „Elektrotechnik-Ingenieure waren begehrt. Es war leicht, eine Arbeit zu finden.“ Er ist heute bei Continental Teves mit der Entwicklung neuer Bremssysteme befasst. Als der Masterstudent Marcel Attila Kiss der Gruppe im Labor das Gauss-Motorrad, ein von Studierenden entwickeltes elektrisch betriebenes Rennmotorrad erklärt, ist Thomas Pröger daher ganz in seinem Element.

Nicht bloß Assistentin sein

Annette Zimmer-Kass hatte sich schon in der Schule für Mathe- und Physik-Leistungskurse entschieden. Nach dem Abi machte sie dann bei AEG eine Ausbildung zur Elektrotechnischen Assistentin, „doch ich wollte nicht ein Leben lang bloß Assistentin sein“, begründet sie die Studienwahl. Auch sie landete nach dem Diplom bei Siemens, im Vertrieb. „Angedacht waren mal zwei Jahre, doch dann wurden 26 daraus“, berichtet sie. Heute ist sie angestellt bei einem Unternehmen, das Touchscreen-Bildschirme und Folien-Tastaturen herstellt.

Als Ingenieurin engagiert sie sich im hessischen Mentorinnen-Netzwerk für Frauen in technischen Studiengängen. „Das Netzwerk ist toll. Ich musste mir als Frau noch alleine alles erarbeiten“. Netzwerken hält Annette Zimmer-Kass, deren Sohn jetzt ebenfalls an der h_da studiert, für überaus wichtig. Daher lobt sie auch die Alumni-Arbeit der Hochschule.

Ehemalige an die Hochschule binden

Heike Appel, Alumni-Beauftragte des Fachbereiches, hört das gerne. „Wir wollen mit den Ehemaligen in Kontakt bleiben und sie an die Hochschule binden“, sagt sie. Das Jubiläums-Treffen nach 30 Jahren ist das erste Alumni-Treffen dieser Art am Fachbereich. Gerade die Mittfünfziger, die voll im Beruf stünden, seien sonst schwer zu erreichen, sagt sie. 264 ehemalige Elektrotechnik-Absolventen haben sich bisher ins Alumni-Portal der Hochschule eingetragen. Heike Appel hofft, dass es noch mehr werden.

Autorin

Astrid Ludwig